Unser Leitbild: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten“ Bundeskanzler Helmut Kohl, 1995
Das Lagerwesen in Deutschland hat eine lange Geschichte. Schon mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden als Provisorien gedachte (Baracken-) Lager errichtet: Waren es erst Auswanderer nach den USA, waren es später im 1.Weltkrieg bereits Kriegsgefangenen- und Lazarettlager, in der Zwischenkriegszeit Obdachlosen- und schon erste Judenlager. Spätestens mit Beginn des 2. Weltkrieges entstand ein Fachkräftemangel, dem durch Anwerbung von Fremdarbeitern begegnet wurde.
Untergebracht waren diese Menschen in Arbeitsortnähe größtenteils in Barackenlagern unterschiedlichsten Ausstattungsniveaus. (Bild 1 Barackenlager 1929) Da mit Fortwähren des Krieges der Bedarf der Wirtschaft weiter stieg, wich die Freiwilligkeit einem grausamen
Zwang. Die Unterbringung erfolgte nun verstärkt in Baracken. Parallel dazu waren aus den anfänglich "wilden KZ" der SA Arbeitslager (Bild 2 Lagerbaracke RAD) geworden, die, erweitert oder an Industriestandorten neu errichtet und straff organisiert, nun unter Bewachung der SS standen. Den größten Konzentrationslagern (z.B. Flossenbürg und Buchenwald) wurden zahlreiche Außenlager zugeordnet.
(Bild 3: Lager Maidanek) Parallel dazu gab es die Straflager (bzw. Arbeitserziehungslager "AEL") der Gestapo, sowie die zahlreichen Kriegsgefangenenlager (Stammlager "Stalag", Offizierslager "Oflag", Durchgangslager "Dulag") und Lager für sogen. "Volksdeutsche". Arbeiter "OST" wurden wesentlich schechter untergebracht und
bezahlt, als die aus westlichen Ländern. (Bild 4: OT-Baracke Erfurter Straße 2) Wobei die Betriebe sich am Tariflohn orientierten, das Nettogehalt allerdings entsprach, nach Abzug der Abgaben (SV-Beiträge, Kost, Logis) oft nur einem Bruchteil dessen, was ein einheimischer
(Bild 5: Unterkunft DAF Löbtauer Straße 64) Facharbeiter erhielt. Sowjetischen Kriegsgefangenen erging es ungleich schlimmer - ähnlich den todgeweihten Juden. Deren Unterkünfte waren überbelegt und grundsätzlich zu den offenen Lagern eingezäunt
und bewacht. Zur Durchführung des Holocausts entstanden zentrale Vernichtungslager, in welche die (Bild 6: Planunterlagen RAD) Menschen entweder direkt geschickt wurden, oder, je nach "Verwendbarkeit", zunächst erst in die entsprechenden Arbeitslager - auch hier immer in der Nähe der Wirtschaftsbetriebe (z.B. Auschwitz bei der IG Farben). (Bild7: Montageplan zur Abortbaracke)
All diesen Lagern ist gemeinsam, dass sie überwiegend aus Baracken bestanden. Diese gab es zunächst in den verschiedensten Bauformen und Rastern, je nach Trägerinstitution. Um aber die immense Zahl an Gefangenen, Deportierten, Fremd- und Zwangsarbeitern effektiv und kostensparend unterbringen zu können, erwies sich eine Zentralisierung und Normierung als unumgänglich. Dies erfolgte unter Rüstungsminister Speer dann auch ab 1943. Zentrale
Projektierungsstelle dafür war die FOKORAD (Bild 8: Sitz der FOKORAD, Neuhauser Straße 4-6, Niesky) mit Sitz in Niesky. Diese Stelle entwickelte "staatlich verbindliche" Typenblätter, nach denen die beauftragten Holzbauunternehmen Baracken in Großserie produzierten. Insofern war der Barackentyp
"RAD IV" der FOKORAD weit verbreitet. Baracken waren in der Öffentlichkeit unübersehbar - ebenso wenig wie deren zahlreichen Bewohner... (Bild 9: Vertriebenenlager Neuländer Straße 30) Mit den zunehmenden Bombardierungen der deutschen Städte, den einsetzenden Flüchtlingsströmen (v.a. aus den aufgegebenen Ostgebieten) kamen tausende Unterzubringende hinzu.
(Bild 10: Vertriebenenlager Wilschdorf, Radeburger Straße) Dies verschärfte sich mit Kriegsende noch mehr, da nun neben Heimkehrern von den Fronten, zurückströmenden ehemaligen Zwangsarbeitern und KZ-Überlebenden, auch die Vertriebenen aus den verloren gegangenen Ostgebieten aufgenommen werden mussten. Die ehemaligen Lager wurden umgewidmet und einige teilweise bis in die frühen 50er Jahre weiter betrieben.
(Bild 11: Vertriebenenlager Kronprinzenplatz) Letzteres gilt für die als Kriegsverbrecher Verdächtigen oder Verurteilten, die bereits 1939/40 Zwangsumgesiedelten ("Heim ins Reich" geholte Menschen) - aber in stärkerem Maße für die ca. 4,9 Mio Vertriebenen und Flüchtlinge der Jahre 1945 - 47. Aus politischen Gründen wurde dieser Personenkreis in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) als "Umsiedler" und "Neusiedler" bezeichnet. In der SBZ wurden die Umsiedlerlager zunächst von der ZVU (Zentralstelle für das deutsche Umsiedlerwesen), später von den Kommunen verwaltet. 1950 galt der Prozess der "Neuansiedlung" und "Integration" offiziell als abgeschlossen. In der 1949 gegründeten DDR wurden zwar viele Lager/Baracken mit den Jahren zurückgebaut, doch nicht wenige wurden in der ein oder anderen
(Bild 12: Behelfsladen um 1950 auf der Kesselsdorfer Straße RAD IV) Form weiter genutzt: Entweder von der sowjet. Besatzungsmacht, der Kasernierten Volkspolizei (später der NVA), der Justiz, dem Gesundheits-, Bildungs- und betrieblichen Ferienlagerwesen oder auch von zahlreichen Betrieben - bis
(Bild 13: Baracke Drude-Bau TU Dresden) zum Ende der DDR (und teilweise darüber hinaus). Da Baracken generell leicht auf-, erweiter- und abbaubar sind, galten sie als unverzichtbar. Materialknappheit und steigender Bedarf zwangen auch nun wieder zur Normierung.
(Bild 14: Kesselsdorfer Straße 22) Inwiefern konstruktive Anleihen bei der FOKORAD genommen wurden, ist unklar. Die am weitesten verbreitete Baracke war die "147 U". Die Vorbereitung der DDR-Machthaber (insbesondere des Ministeriums für Staatssicherheit)
(Bild 15: Nachnutzung als Sanitätsstützpunkt 1960) auf einen Tag "X" sah vor, dass "Innerhalb von 24 Stunden ... über 2.900 Personen festgenommen und über 10.000 in Isolierungslager verschleppt werden." (Zitat aus: https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/informationen-zur-stasi/themen/beitrag/vorbereitung-auf-den-tag-x/)
Ausländer und Transitreisende sollten dabei in Internierungslager verbracht werden. Inwieweit all diese Lager reine Barackenlager des DDR-Types "147 U"
(Bild 16: MfS Bezirksverwaltung Dresden) gewesen wären, oder ob man die zahlreichen Fereinlager, u.a. bebaut mit den "RAD IV", umgewidmet hätte, ist derzeit noch unerforscht. Dem Anspruch der "Umerziehung feindlich-negativer Elemente" durch "gesellschaftlich nützliche Arbeit" (§ 6 StVG der DDR) wurde der Strafvollzug (inkl. der Stasi-Gefängnisse) mehr als gerecht.
(Bild 17: Dresden-Übigau, Overbeckstraße) Die Tag-X-Lager reihten sich insofern auch in das seit den 50er Jahren stetig auf- und ausgebaute System der Haftarbeitslager (HAL), ein. Dieses System orientierte sich wieder an den wirtschaftlichen Bedarfen der Betriebe, der VEB. So wurden Häftlinge entweder in die Betriebe abkommandiert ("überstellt") oder es gab in den Vollzugseinrichtungen eigene Abteilungen. Parallel dazu wurden die Insassen der Jugendwerkhöfe, vordergündig zum Erwerb eines "Teilfacharbeiters", unter Zwang als sehr preiswerte "Produktivkräfte" gebraucht. Der wirtschaftliche Nutzen stand jedoch generell, im Gegensatz zum erklärten Umerziehungsziel, eindeutig im Vordergrund. (Vergleiche hierzu: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Studien/die-historische-aufarbeitung-der-zwangsarbeit-politischer-haeftlinge-im-strafvollzug-der-ddr.pdf?__blob=publicationFile&v=1)
Lager-Register
Ein konstruktiver Abriss.
Lagerregister Dresden
Hinweise zum Aufbau:
Jeder Ort hat seine eigene Historie. Diese wird ganzheitlich von 1933 bis 1989 betrachtet.
Dazu werden, archäologischen Ausgrabungen gleich, die verschiedenen "freigelegten Schichten" des örtlichen Geschehens mit unterschiedlichen Farb-Balken dargestellt. Es sind Informationen zur Zeit des Betreibens, der Eigentümer, der Nutzer und der Verantwortlichen, der Belegung, sowie dem Verbleib der Insassen verfügbar. Belegt wird dies mit Faksimilen originaler Dokumente, historischen Ansichten, Karten und Luftbildern - im direkten Vergleich zur Gegenwart.
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